Waigel für Angebot an Russland im Ukraine-Krieg
Dr. Theo Waigel, Bundesfinanzminister a. D. bei „Weimers Klartext“ auf dem Ludwig Erhard Gipfel. Bild © WEIMER MEDIA GROUP
Im Krieg Russlands gegen die Ukraine ist der ehemalige Bundesfinanzminister Theo Waigel für ein Angebot an den Aggressor. Er stellt aber Bedingungen.
Theo Waigel ist vor allem als Mr. Euro bekannt. Er war aber auch dabei, als die Wiedervereinigung verhandelt wurde, die Sowjetunion sich auflöste und Europa ein neues Gesicht bekam. Der ehemalige Bundesfinanzminister und CSU-Ehrenvorsitzende kann deshalb auch einiges darüber sagen, ob die Sowjetunion von Michael Gorbatschow und danach Boris Jelzin über den Tisch gezogen wurde. Klare Antwort: Nein. Der russische Präsident Wladimir Putin, das wird im Gespräch mit Waigel beim Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee klar, biegt sich die Vergangenheit so, wie er sie will, um den Angriff auf die Ukraine zu rechtfertigen.
Waigel verteidigte die Strategie der Nato, die von Putin gern als Grund für seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine genannt wird. Die Erzählungen, dass die Nato habe sich nicht an Abmachungen gehalten, seien eine Mär. Drei wesentliche Punkte hätte man damals besprochen. Erstens: Die Reduzierung der deutschen Armee, keine ausländischen Streifkräfte auf dem Gebiet der ehemaligen DDR und keine Kernwaffen auf Boden der DDR. Dies habe man eingehalten. Alle späteren Nato-Beitritten seien mit Russland abgesprochen worden.
Waigel erinnerte an den Vertrag zwischen Ukraine und Russland 1994, in dem die Ukraine Souveränität bekam und im Gegenzug alle Atomwaffen an Russland abgegeben hat. „Putin bricht alle Verträge“, sagte Waigel. Zum Krieg in der Ukraine sagte der Politiker: „Gewinner wird es nicht geben, aber eines ist klar: Die Ukraine darf nicht verlieren.“ Wie dann ein Waffenstillstand aussehe, natürlich mit Zustimmung der Ukraine, stehe noch in den Sternen. Waigel denkt auch an Referenden in Gebieten, die umstritten sind, um eine völkerrechtlich saubere Lösung zu bekommen.
Rückkehr zum Völkerrecht nötig
Zum Frieden sagte er: „Wir können ein Angebot an Russland machen: Wenn Ihr zum Völkerrecht zurückkehrt, wenn Ihr die Souveränität der Ukraine wieder respektiert, dann können wir auch wieder mit Euch zusammenarbeiten“. Dann könne die Transformation der Volkswirtschaft, die in Russland völlig unzureichend gewesen sei, mit westlicher Hilfe, westlichem Kapital und westlichem Wissen stattfinden.
Putin habe erst versucht, seinen Einfluss diplomatisch auszuweiten, „da hat er versagt“, sagte Waigel. Dann habe Putin gedacht, Russland sei ökonomisch stark mit seinen Energiequellen, das habe auch nicht getragen. Als er dann gemerkt habe, dass sich alle Volkswirtschaften um Russland herum nach Europa orientierten und es denen besser gegangen sei, habe er womöglich Sorge gehabt, der Funke könne auf Russland überspringen – möglicherweise „ein Grund für seine fürchterliche Reaktion“, wie Waigel sagte – der Angriff auf die Ukraine.
Von Björn Hartmann